Baustoff Recycling Forum 2024: Aktuelle Herausforderungen und Chancen im Fokus

Beim Baustoff Recycling Forum 2024 wurden zentrale Herausforderungen wie die Umsetzung der Ersatzbaustoffverordnung und LAGA M23 diskutiert. Experten zeigten zudem innovative Ansätze für nachhaltiges Recycling und Rohstoffrückgewinnung auf.

Das Baustoff Recycling Forum 2024 bot auch in diesem Jahr spannende Einblicke in aktuelle Entwicklungen der Branche. Besonders im Fokus standen die Herausforderungen bei der Umsetzung der Ersatzbaustoffverordnung (EBV) sowie der Umgang mit gefährlichen Materialien wie Asbest und PFAS. Vor über 200 Teilnehmern lieferten Experten wertvolle Impulse, wie neue Verfahren und Regelwerke in der Praxis umgesetzt werden können. Zudem wurden innovative Tools vorgestellt, die Unternehmen beim nachhaltigen Wirtschaften unterstützen. Doch trotz dieser Fortschritte bleibt die Frage: Wie können die neuen Regelungen flächendeckend und effizient angewendet werden?

Herausforderungen bei der Umsetzung der Ersatzbaustoffverordnung (EBV)

Seit der Einführung der Ersatzbaustoffverordnung (EBV) haben sich in der Praxis zahlreiche Herausforderungen ergeben, die einen einheitlichen Vollzug der Verordnung erschweren. Dr. Monika Kratzer, Präsidentin des Bayerischen Landesamts für Umwelt, hob hervor, dass die Harmonisierung sowohl innerhalb der Bundesländer als auch zwischen ihnen bislang nicht erreicht wurde. Unterschiedliche Interpretationen des Verordnungstextes führen zu Unsicherheiten, die den praktischen Vollzug behindern. In Bayern setzt man deshalb auf fortlaufende Aktualisierungen der sogenannten „FAQ zur EBV“, um Unklarheiten zu beseitigen und den Betrieben klare Leitlinien an die Hand zu geben.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem pragmatischen bayerischen Ansatz zum Abfallende, der trotz bundesweiter Diskussionen gute Ergebnisse zeigt. Allerdings wird die bayerische Vollzugshilfe für asbesthaltige Abfälle nicht in ihrer bisherigen Form umgesetzt. Stattdessen plant das Land, Regelungen zum Asbest in den kommenden FAQ zu integrieren. Dies soll den Entsorgungsprozess klarer und effizienter gestalten, um den Anforderungen der Praxis gerecht zu werden. Zudem werden Verfahren zur Genehmigung von BImSchV-Anlagen in Bayern vereinfacht und beschleunigt – ein Schritt, der jedoch erst durch eine Überarbeitung der bundesweiten Immissionsschutzverordnungen möglich wird.

In Bezug auf die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand bei der Förderung von Sekundärbaustoffen betonte Kratzer, dass nachhaltiges Wirtschaften in Bayern mittlerweile als Auftrag verstanden wird. Erste Erfolge in der Ausschreibungspraxis der öffentlichen Hand zeigten einen langsam stattfindenden Wandel, doch sei dies noch nicht ausreichend. Alle Akteure müssten die rechtlichen Rahmenbedingungen akzeptieren und ihr Handeln entsprechend anpassen, so Kratzers dringender Appell.

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Ersatzbaustoffverordnung ein Jahr danach: Bauwirtschaft enttäuscht

Ein Jahr nach Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung herrscht Ernüchterung in der Bauwirtschaft. Anstatt den Einsatz von Recyclingbaustoffen zu fördern, sorgen bürokratische Hürden und rechtliche Unsicherheiten für Stillstand. Viele Unternehmen zögern, Ersatzbaustoffe zu nutzen, was die angestrebten Fortschritte in der Kreislaufwirtschaft ausbremst. Die Verordnung droht, ihre Ziele zu verfehlen.

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Neue Impulse durch zusätzliche Wertungskriterien in Ausschreibungen

Ein weiterer Schritt zur Förderung des Baustoff Recyclings in Bayern ist die Einführung eines zusätzlichen Wertungskriteriums in öffentlichen Ausschreibungen. Thomas Hölzl vom Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bauen und Verkehr erklärte, dass das Kriterium „Wiederverwertung von Baustoffen“ künftig verstärkt in die Bewertung von Angeboten einfließen wird. Dies bedeutet, dass die Punktzahl für ein Angebot steigt, je höher der prozentuale Anteil an Ersatzbaustoffen in den angebotenen Leistungen ist. Damit sollen nachhaltige Bauprojekte klar bevorzugt werden, was einen zusätzlichen Anreiz für die Verwendung von recycelten Materialien darstellt.

Neben der stärkeren Gewichtung der Recyclingquote werden auch Sanktionsmöglichkeiten in Betracht gezogen. Unternehmen, die den versprochenen Anteil an Ersatzbaustoffen bei der Bauausführung nicht einhalten, sollen künftig mit Konsequenzen rechnen. Damit wird der Einsatz von Sekundärbaustoffen nicht nur gefördert, sondern auch stärker kontrolliert. Zudem sollen Nebenangebote in Ausschreibungen erlaubt werden, um die Innovationskraft der Unternehmen zu fördern und kreative Lösungsansätze für den nachhaltigen Bau zu unterstützen.

Zur Erleichterung der Umsetzung dieser Maßnahmen kündigten die Partnerverbände Baustoff-Recycling Bayern und bvse an, künftig Mustertexte für Baubeschreibungen und Leistungspositionen im Straßen- und Erdbau zu veröffentlichen. Diese Texte sollen den ausschreibenden Stellen helfen, rechtssichere Ausschreibungsunterlagen zu formulieren und so die praktische Anwendung der Ersatzbaustoffverordnung (EBV) weiter voranzutreiben.

Nachhaltigkeitstool als Lösung für CO2-Berichte

Ein weiteres Highlight des Baustoff Recycling Forums 2024 war die Vorstellung eines neuen Nachhaltigkeitstools, das von Mitgliedsunternehmen des bvse und Baustoff Recycling Bayern genutzt werden kann. Maxime Rehbock vom bvse präsentierte dieses innovative Werkzeug, das speziell dafür entwickelt wurde, den gestiegenen Anforderungen an Nachhaltigkeitsberichte und die Reduzierung von CO2-Emissionen gerecht zu werden.

Das Tool ermöglicht es Unternehmen, individuelle CO2-Berichte für ihre entsorgten und recycelten Materialien zu erstellen. Diese Berichte liefern nicht nur einen Einblick in die eigenen Nachhaltigkeitsbemühungen, sondern dienen auch als transparentes Kommunikationsmittel gegenüber Kunden. Ein Unternehmen kann somit schon bei der Angebotsabgabe auf die CO2-Einsparungen hinweisen, die durch den Einsatz von Sekundärbaustoffen erzielt werden. Dadurch kann frühzeitig ein wettbewerbsrelevanter Vorteil geschaffen werden, der potenzielle Auftraggeber von den ökologischen und ökonomischen Vorzügen des Baustoffrecyclings überzeugt – und das noch bevor der Kunde ausdrücklich danach fragt.

Dieses Tool trägt nicht nur zur Erfüllung künftiger gesetzlicher Anforderungen bei, sondern unterstützt auch die Unternehmen darin, sich als Vorreiter im Bereich des nachhaltigen Bauens zu positionieren. Für viele Betriebe bedeutet das eine wertvolle Möglichkeit, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und gleichzeitig aktiv zur Reduzierung von CO2-Emissionen beizutragen.

 

Best-Practice-Beispiele für erfolgreiches Baustoffrecycling

Beim Baustoff Recycling Forum 2024 fanden auch konkrete Best Practice-Beispiele aus der Praxis großen Anklang. Diese zeigten eindrucksvoll, wie der nachhaltige Einsatz von Sekundärbaustoffen bereits heute in verschiedenen Projekten erfolgreich umgesetzt wird. Besonders im Fokus standen dabei der Umgang mit schadstoffbelasteten Böden und Bauabfällen sowie deren fachgerechte Aufbereitung für das Recycling.

Sandra Giern, Geschäftsführerin des Gesamtverbands Schadstoffsanierung, verwies darauf, dass von den jährlich in Deutschland anfallenden rund 60 Millionen Tonnen Bauschutt und etwa 0,6 Millionen Tonnen Gipsabfällen ein erheblicher Teil durch Schadstoffe wie Asbest belastet sein kann. Diese Belastung stellt die Recyclingbranche vor hohe technische und gesetzliche Anforderungen. Denn um diese Materialien umweltgerecht zu verwerten, müssen sie zuvor auf Schadstofffreiheit geprüft und entsprechend behandelt werden.

Der regelkonforme Umgang mit potenziell asbestbelasteten Baustoffen kann nur durch eine genaue Erkundung und Probenanalyse im Vorfeld der Rückbaumaßnahmen gewährleistet werden. Ziel ist es, dass nur solche Materialien ins Recycling gelangen, die den gesetzlichen Grenzwert für Asbestfreiheit nach der Vollzugshilfe LAGA M23 unterschreiten. Dies erfordert jedoch einen präzisen und teils sehr aufwändigen Prozess der Materialuntersuchung, bevor die eigentliche Wiederverwertung stattfinden kann.

LAGA M23: Neue Regeln für den Umgang mit Asbest

Der Umgang mit asbesthaltigen Bau- und Abbruchmaterialien bleibt eine der größten Herausforderungen für die Recycling- und Entsorgungsbranche. Mit der Einführung der neuen Vollzugshilfe LAGA M23, die in den meisten Bundesländern bereits umgesetzt wurde, sollen bundeseinheitliche Regelungen geschaffen werden. Diese erleichtern das Vorgehen nach dem Stand der Technik und definieren klare Grenzwerte für Asbestfreiheit. Lediglich Bayern plant, eigene Regelungen für die Entsorgung solcher Materialien einzuführen.

Sandra Giern stellte fest, dass das neue Regelwerk grundsätzlich umsetzbar ist, insbesondere mit praxisorientierten Anpassungen, wie der erleichterten Handhabung von Containern und Kleinmengen. Doch die Einführung der novellierten Gefahrstoffverordnung wird als existenziell für die Branche angesehen. Eine zentrale Forderung ist, dass Bauherren oder Veranlasser zur Vorerkundung ihrer Baustellen auf Gefahrstoffe wie Asbest verpflichtet werden. Dies würde sicherstellen, dass belastetes Material frühzeitig erkannt und ordnungsgemäß entsorgt wird, bevor es ins Recycling gelangt.

Der regelkonforme Umgang mit schadstoffbelasteten Materialien erfordert nicht nur einheitliche Verfahren, sondern auch eine große Innovationsbereitschaft der Unternehmen. Technische Fortschritte, wie die Erkundung und Separierung von asbesthaltigen Bestandteilen, etwa in Beton, zeigen bereits, dass Lösungen für diese Probleme existieren. Thomas Schlösser, Betriebsleiter der Schlösser Grund- und Tiefbau GmbH, erläuterte verschiedene technische Verfahren zur Erkennung und Entfernung von Asbest vor dem Rückbau. In Zukunft könnten sogar robotergestützte Technologien zum Einsatz kommen, um diese gefährlichen Stoffe vor Ort zu identifizieren und zu separieren.

Das Ensuba-Verfahren: Zukunft der Rohstoffrückgewinnung

Eine innovative Lösung für das Baustoffrecycling wurde mit dem Ensuba-Verfahren vorgestellt, das am Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) entwickelt wurde. Dr. Sebastian Dittrich erläuterte, wie dieses Verfahren zur Rückgewinnung von Sulfat aus feinkörnigen Recycling-Brechsanden beiträgt. Sulfat ist als Bestandteil von Gips ein kritischer Faktor bei der Herstellung von Ersatzbaustoffen, da seine Anwesenheit oft eine uneingeschränkte Verwendung im Straßen-, Erd- und Hochbau verhindert. Gleichzeitig nimmt die Verfügbarkeit natürlicher Gipsvorkommen kontinuierlich ab, was die Bedeutung der Rückgewinnung aus Recyclingmaterialien stark erhöht.

Das Ensuba-Verfahren ermöglicht es, den Sulfatanteil aus dem Materialstrom herauszulösen und somit Gips als Rohstoff für die Bauindustrie zurückzugewinnen. Erste Schritte zur industriellen Anwendung des Verfahrens wurden bereits eingeleitet, und Dittrich betonte die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit mit Recyclingunternehmen, um das Verfahren weiterzuentwickeln und in die Praxis zu überführen. Hier könnten potenzielle Partnerschaften mit Unternehmen der Recyclingbranche den Weg für eine breitflächige Anwendung ebnen.

Die Rückgewinnung von Rohstoffen aus Recyclingmaterialien ist nicht nur ein Schritt in Richtung nachhaltiger Ressourcennutzung, sondern trägt auch zur Sicherstellung der Rohstoffversorgung in der Zukunft bei. Das Ensuba-Verfahren könnte in dieser Hinsicht eine Schlüsselrolle spielen, um die Kreislaufwirtschaft in der Bauindustrie weiter voranzutreiben.

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