Bilanz zur Ersatzbaustoffverordnung: Die Mineralikbranche packt an

Die Mineralikbranche hat nach über einem Jahr Ersatzbaustoffverordnung eine bemerkenswerte Bilanz gezogen. Ob Fortschritte bei der Qualitätssicherung, neue digitale Ansätze für das Stoffstrommanagement oder innovative Methoden zur CO₂-Reduktion – die Branche setzt auf praxisnahe Lösungen und unterstreicht ihre Bereitschaft, nachhaltige Standards im Bauwesen zu etablieren. Trotz Erfolgen zeigt sich aber auch: Ohne zusätzliche Unterstützung aus der Politik bleiben einige Herausforderungen bestehen.

Die Einführung der Ersatzbaustoffverordnung hat in der Mineralikbranche spürbare Veränderungen angestoßen. Seit Inkrafttreten der Verordnung zeigt die Branche, dass sie nicht nur über nachhaltige Ziele spricht, sondern diese auch aktiv verfolgt. Unternehmen und Fachverbände haben konkrete Fortschritte für eine ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft im Bauwesen erzielt. Doch trotz großer Eigeninitiative wird deutlich: Ohne politische Unterstützung können bestehende Hürden nicht vollständig überwunden werden. Welche Erfolge die Branche bereits verzeichnet und wo weiterhin dringender Handlungsbedarf besteht, beleuchtet die Bilanz nach über einem Jahr Ersatzbaustoffverordnung.

EBV-Umsetzung: Branche fordert Anpassungen

Die Ersatzbaustoffverordnung (EBV) wird in der Mineralikbranche als bedeutender Schritt zur Förderung der Kreislaufwirtschaft gesehen. Stefan Schmidmeyer, Geschäftsführer des bvse, äußerte jedoch, dass die Verordnung weder ein „Top“ noch ein „Flop“ sei – vielmehr handelt es sich um eine solide Grundlage, die jedoch dringend optimiert werden muss. Schmidmeyer betonte die Notwendigkeit, die Verordnung schnell und umfassend anzupassen, um die praktische Umsetzung zu verbessern und die Akzeptanz von Ersatzbaustoffen zu steigern.

Ein zentraler Punkt ist das Thema „Ende der Abfalleigenschaft“, das durch eine entsprechende Verordnung für alle Materialklassen und Ersatzbaustoffe geregelt werden soll. Dies würde den Einsatz recycelter Baustoffe erheblich erleichtern. Die Branche zeigt sich jedoch entschlossen, trotz bestehender Hindernisse an Lösungen zu arbeiten und die eigene Innovationskraft zu nutzen. Schmidmeyer machte klar, dass die Unternehmen weiter aktiv bleiben und konstruktiv an Verbesserungen mitwirken wollen.

LAGA M23: Neue Vollzugshilfe geplant

Ein weiterer wichtiger Schritt für die Branche ist die angekündigte Aktualisierung der Vollzugshilfe LAGA M23, die eine zentrale Rolle in der praktischen Umsetzung der Ersatzbaustoffverordnung spielen soll. Johannes Walter, Referent des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz in Brandenburg und Leiter des zuständigen LAGA-Ausschusses, kündigte an, dass die dritte Version der LAGA-FAQs spätestens im Mai 2025 veröffentlicht werden soll.

Diese neue Version soll konkrete Hinweise und Klarstellungen zur Anwendung der EBV enthalten und damit sowohl die Effizienz als auch die rechtliche Sicherheit für Unternehmen und Behörden erhöhen. Die Veröffentlichung der LAGA M23 wird von der Branche mit Spannung erwartet, da sie entscheidende Anleitungen für die Handhabung und Kontrolle von Ersatzbaustoffen im Bauwesen bieten soll. Die Fortschritte in diesem Bereich könnten den Einsatz von Sekundärbaustoffen in Deutschland erheblich vorantreiben.

Rheinland-Pfalz als Vorreiter bei Sekundärbaustoffen

Rheinland-Pfalz zeigt bereits, wie die Akzeptanz von Sekundärbaustoffen in die Praxis umgesetzt werden kann. Das Bundesland hat erste Initiativen gestartet, die den Einsatz mineralischer Ersatzbaustoffe aktiv fördern. Marc Rauhut, Fachgruppenleiter Straßenbau beim Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz (LBM), erklärte, dass Ausschreibungen für öffentliche Bauprojekte inzwischen produktneutral formuliert werden. Dies bedeutet, dass der Einsatz von qualitätsgesicherten mineralischen Ersatzbaustoffen nicht nur möglich, sondern ausdrücklich erwünscht ist.

Diese Maßnahmen gelten als wegweisend und schaffen einen Standard, der dem kreislauforientierten Handeln in der Bauwirtschaft deutschlandweit als Vorbild dienen könnte. Die Diskussionen auf dem bvse-Mineraliktag verdeutlichten jedoch auch, dass solche Maßnahmen flächendeckend angewendet werden müssen, um die Akzeptanz von Sekundärbaustoffen nachhaltig zu stärken. Es bleibt abzuwarten, ob weitere Bundesländer ähnliche Schritte unternehmen und so die Grundlagen für eine bundesweite Etablierung schaffen.

Rechtssicherheit für Asbest und PFAS nötig

Ein zentrales Anliegen der Mineralikbranche ist die Rechtssicherheit im Umgang mit Asbest, PFAS und anderen potenziell gefährlichen Stoffen, die beim Abbruch und Rückbau von Bauwerken anfallen. Walburga Sodermanns-Peschel vom Deutschen Abbruchverband (DA) forderte eine bessere Harmonisierung bestehender und geplanter gesetzlicher Regelungen, etwa bei der anstehenden Novelle der Gefahrstoffverordnung und im Abfallrecht.

Neben allgemeinen rechtlichen Klarstellungen besteht besonderer Bedarf an sicheren und praktikablen Entsorgungsmöglichkeiten für gering belastete asbesthaltige Materialien und kleinere Mengen spezifischer Bauabfälle bis zu 10 Kubikmetern. Beate Weiß, Stoffstrommanagerin bei der Otto Dörner GmbH, wies darauf hin, dass mit dem Einführungserlass zur LAGA M23 in Schleswig-Holstein eine positive Entwicklung eingeleitet wurde, da Recyclingunternehmen nun einen klaren Rahmen für die Entsorgung solcher Stoffe haben. Diese Fortschritte sind für die Branche essentiell, da sie praxisnahe Lösungen bieten und die Rechtssicherheit für alle Beteiligten im Umgang mit belasteten Baustoffen erhöhen.

Qualität von Ersatzbaustoffen im Fokus

Die Sicherstellung der Qualität von Ersatzbaustoffen ist ein zentraler Punkt für die Mineralikbranche, um die Akzeptanz von recycelten Materialien nachhaltig zu fördern. Thomas Fischer, Geschäftsführer der Qualitätssicherung Sekundärbaustoffe GmbH (QUBA), zog eine positive Bilanz zur Qualitätskontrolle der letzten 15 Monate seit Einführung der Ersatzbaustoffverordnung. Über 1300 QUBA-Zertifikate wurden in dieser Zeit nach den EBV-Richtlinien ausgestellt, die insgesamt 2,8 Millionen Tonnen güteüberwachte Sekundärbaustoffe betreffen, die QUBA-Zeichennutzer in Verkehr gebracht haben. Aktuell werden rund 300 Zertifizierungen kontinuierlich durch die QUBA begleitet.

Für Fischer ist klar, dass Qualität ein entscheidender Faktor für den Erfolg der Ersatzbaustoffverordnung ist. Die umfangreichen Zertifizierungen und die Kontrolle der Materialqualität belegen, dass sich die Mineralikbranche ernsthaft und aktiv für die hohe Standards und die langfristige Akzeptanz von Ersatzbaustoffen einsetzt. Fischer fasst zusammen: „Weniger ist niemals mehr“, was bedeutet, dass bei Qualität keine Kompromisse eingegangen werden dürfen.

Digitalisierung und KI als Zukunftstreiber

Die Zukunft der Mineralikbranche wird stark durch Digitalisierung und künstliche Intelligenz (KI) geprägt. Diese Technologien bieten große Potenziale, um das Stoffstrommanagement effizienter, nachhaltiger und kostengünstiger zu gestalten. Carsten Preuss, Mineral Waste Manager, und Max-Frederick Gerken von der Optocycle GmbH stellten auf dem bvse-Mineraliktag vor, wie digitale Werkzeuge den Recyclingprozess optimieren können. Durch KI-gestützte Analysen lassen sich etwa Materialströme präziser steuern, was die Qualität und Effizienz im Umgang mit Ersatzbaustoffen steigert.

Intelligente Datenanalysen ermöglichen es der Branche, Ressourcen gezielter zu nutzen und den Abfallanteil weiter zu reduzieren. Diese Entwicklungen sind für die Mineralikbranche nicht nur wirtschaftlich interessant, sondern auch ein Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Kreislaufwirtschaft. Digitalisierung und KI gelten daher als entscheidende Treiber, die die Branche in den kommenden Jahren transformieren und innovativer gestalten werden.

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CO2-Reduktion und Bepreisung im Bau

Angesichts der Klimakrise und gesetzlicher Vorgaben zur CO₂-Reduktion steht die Mineralikbranche vor der Herausforderung, ihre Prozesse noch nachhaltiger zu gestalten. Die Bauwirtschaft trägt etwa 40 Prozent zum weltweiten CO₂-Ausstoß bei, was ein Umdenken in der gesamten Branche erforderlich macht. Ein innovativer Ansatz wurde vom Schweizer Startup Neustark präsentiert: Die Nutzung von recyceltem Abbruchbeton als CO₂-Senke zeigt, wie klimafreundliche Lösungen konkret umgesetzt werden können.

Zugleich bereitet sich die Mineralikbranche auf die kommende CO₂-Bepreisung in der Bauwirtschaft vor. Der bvse unterstützt seine Mitgliedsunternehmen dabei mit einem neuen CO₂-Reporting-Tool, das ihnen hilft, die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen und gleichzeitig Wettbewerbsvorteile zu nutzen. Maxime Rehbock vom bvse erläuterte, dass das Tool die Unternehmen dabei unterstützt, ihre Nachhaltigkeitsziele effizient zu verfolgen und gleichzeitig ihre CO₂-Bilanz zu optimieren. Damit ist die Branche gut aufgestellt, um aktiv zum Klimaschutz beizutragen und sich auf die zukünftigen Anforderungen der Bauwirtschaft vorzubereiten.

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