70 % weniger Energie: Pilotprojekt treibt nachhaltigen Straßenbau voran

Straßenbau neu gedacht: In Marktoberdorf testen Geiger Gruppe und BABIC ein Verfahren, das ohne Erhitzung und Zement auskommt. Das Projekt spart Energie, schont Ressourcen – und könnte zum Modell für eine nachhaltigere Bauweise werden.

Marktoberdorf wird zum Schauplatz eines ungewöhnlichen Experiments: Zwei Unternehmen testen gemeinsam, wie Straßenbau ohne heiße Materialien und ohne Zement funktionieren kann – und das unter realen Bedingungen. Das Projekt verspricht nicht nur ökologische Einsparungen, sondern könnte auch wirtschaftlich eine Alternative zum herkömmlichen Verfahren bieten. Was hinter dem Konzept steckt und welche Technologie dabei zum Einsatz kommt, zeigt ein genauer Blick auf die Details.

Innovative Materialien: Wie das Pilotprojekt den Energiebedarf senkt

Im Marktoberdorfer Ortsteil Geisenried beginnt ein Feldversuch mit klarer Vision: Der Einsatz einer zehn Zentimeter starken Tragschicht aus Kaltasphalt soll zeigen, dass ökologischer Straßenbau auch ohne erhitzte Materialien möglich ist. Rund 1.000 Tonnen dieses innovativen Baustoffs kommen zum Einsatz – ein Gemisch, das durch seine besondere Zusammensetzung gleich mehrere Vorteile bietet. Statt thermisch behandelter Gesteinskörnung und heißem Bitumen setzen die Projektverantwortlichen auf eine Bitumenemulsion, die mit etwa 85 Prozent Recycling-Körnung aus Ausbauasphalt kombiniert wird.

Diese Bauweise spart Energie – konkret rund 70 Prozent im Vergleich zur Herstellung von herkömmlichem Heißasphalt. Auch der Verbrauch von Primärressourcen sinkt signifikant, was das Verfahren nicht nur nachhaltiger, sondern auch kosteneffizienter macht. Ziel ist es, den Beweis zu erbringen, dass diese alternative Methode in der Praxis ebenso leistungsfähig ist wie etablierte Verfahren – jedoch mit deutlich geringerem ökologischen Fußabdruck.

Das Pilotprojekt versteht sich dabei nicht als bloße Machbarkeitsstudie, sondern als realitätsnaher Test für eine großflächige Anwendung. Die Stadt Marktoberdorf übernimmt als Bauherrin Verantwortung und stellt die beiden Wirtschaftswege in Geisenried und Rieder als Versuchsflächen zur Verfügung – insgesamt rund 1.400 Meter lang. Die Bauarbeiten erfolgen unter realen Bedingungen, was dem Projekt eine hohe Aussagekraft verleiht.

Starke Partner, klare Ziele: Geiger Gruppe und BABIC im Schulterschluss

Das Pilotprojekt in Marktoberdorf wäre ohne die enge Zusammenarbeit zweier erfahrener Akteure kaum realisierbar gewesen. Die Geiger Gruppe bringt ihre Kompetenz im Bereich Recycling und Infrastruktur ein und stellt nicht nur die Produktionsfläche am Kreislaufstandort Memmingen zur Verfügung, sondern liefert auch die benötigte Recycling-Körnung. Darüber hinaus übernimmt das Unternehmen Maschinenbereitstellung, Personal, Transport sowie den fachgerechten Einbau der Kaltasphalt-Tragschicht. Die Qualitätssicherung erfolgt durch die unternehmenseigene Baustoffprüfstelle, die unter anderem Lastplattendruckversuche durchführt.

BABIC wiederum ist für die technische Seite des Projekts verantwortlich. Das Unternehmen entwickelt die spezifischen Mischrezepturen, produziert die Bitumenemulsion und überwacht deren Qualität. Zudem koordiniert BABIC die Abstimmungen mit der Stadt Marktoberdorf und steuert die begleitende wissenschaftliche Forschung. Diese wird von der Fachhochschule Erfurt unter Leitung von Prof. Dr. Steffen Riedl und Prof. Dr. Ronny Sorge durchgeführt und zielt darauf ab, die Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit des Verfahrens fundiert zu bewerten.

Gefördert wird das Vorhaben vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, eingebettet in ein übergeordnetes Forschungsprojekt mit Fokus auf ressourcenschonende Bauverfahren. Für beide Unternehmen ist klar: Dieses Projekt ist nicht nur ein technischer Test, sondern ein Schritt hin zu einer strukturellen Veränderung im Straßenbau. Die Erkenntnisse sollen langfristig helfen, Bauprozesse klimafreundlicher und wirtschaftlich tragfähig zu gestalten – ein Ziel, das über die Region hinausstrahlen könnte.

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