Während viele Branchen weiterhin unter der wirtschaftlichen Unsicherheit leiden, sendet das deutsche Baugewerbe überraschend positive Signale. Zwischen Betonmischern und Baustellenkränen deutet sich eine Entwicklung an, die Experten hellhörig werden lässt. Doch ist dieser Aufschwung wirklich ein Wendepunkt oder nur eine Momentaufnahme in einem weiterhin angespannten Marktumfeld?
Auftragsentwicklung im Baugewerbe – Zahlen und Ursachen
Die Konjunktur im deutschen Baugewerbe hat im ersten Halbjahr 2025 spürbar an Dynamik gewonnen. Laut Statistischem Bundesamt verzeichnete die Branche ein beeindruckendes Plus von 9,4 Prozent bei den Auftragseingängen – inflationsbereinigt liegt der Zuwachs immer noch bei 7,3 Prozent. Auch die Umsätze entwickelten sich positiv: preisbereinigt stiegen sie im gleichen Zeitraum um 2,2 Prozent. Diese Zahlen markieren eine deutliche Belebung des Marktes im Vergleich zum Vorjahr und senden ein starkes Signal in einer sonst eher durchwachsenen gesamtwirtschaftlichen Lage.
Besonders dynamisch zeigte sich der Tiefbau, der um 8,7 Prozent zulegen konnte. Verantwortlich dafür sind nach Angaben des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB) vor allem die starken Investitionen in die Bereiche Energie- und Verkehrsinfrastruktur. Der Ausbau von Stromnetzen, Ladeinfrastruktur und Verkehrswegen scheint damit als konjunktureller Motor zu wirken. Ein Trend, der sich bereits im Vorjahr abgezeichnet hatte und nun deutlich an Fahrt aufgenommen hat.
Weniger robust, wenn auch stabilisierend, präsentiert sich hingegen der Hochbau. Hier liegt das Auftragsplus bei 5,6 Prozent. Eine spürbare Wende sei bislang nicht in Sicht. Besonders gravierend ist, dass das preisbereinigte Auftragsvolumen nach wie vor mehr als ein Viertel unter dem Niveau von 2022 liegt.

Auftragseinbruch dämpft Konjunktur: Baubranche 2025 im Stimmungstest
Nach einem starken Jahresauftakt musste die Baubranche im Februar 2025 einen deutlichen Auftragseinbruch verkraften. Besonders der Tiefbau geriet unter Druck, während erste Signale auf eine mögliche Stabilisierung deuten.
Aussichten und Risiken für die Baukonjunktur
Trotz der erfreulichen Zahlen zum Halbjahr bleibt die Entwicklung der Baukonjunktur fragil. Zwar sprechen Fachleute von einem positiven Trend, doch nicht alle Signale sind eindeutig. Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor am Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), sieht den Tief- und Nichtwohnungsbau vor einem Aufschwung, der durch steigende öffentliche Investitionen in den kommenden Quartalen weiter an Fahrt gewinnen dürfte. Die Hoffnung: eine klare Trendwende bis spätestens zum Jahreswechsel.
Doch noch dominiert die Unsicherheit, vor allem bei der Auftragslage im Juni. Nach einem starken Frühjahr gingen die Bestellungen im Vergleich zum Mai preisbereinigt um 2,6 Prozent zurück. Laut dem Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) sind dafür vor allem kurzfristige Effekte verantwortlich: Auftragsstopps bei der Autobahn GmbH sowie die prekäre Haushaltslage vieler Kommunen, die geplante Straßenbauprojekte zurückstellen mussten. Der Rückgang zeigt, wie abhängig die Branche von staatlicher Planbarkeit und Finanzierung bleibt.
Langfristig stehen die Chancen für eine Stabilisierung gut – sofern die politischen Rahmenbedingungen verlässlich bleiben. Denn der Aufschwung speist sich vor allem aus öffentlichen Investitionen, die strukturell abgesichert sein müssen. Die größte Unsicherheit bleibt jedoch der Hochbau, der sich weiterhin nur schleppend erholt. Hier droht die Konjunktur ins Stocken zu geraten, wenn die privaten Investitionen nicht bald wieder anspringen.