Baukosten steigen, Baupreise fallen: Die Schere öffnet sich weiter

Die Bauwirtschaft in Österreich steht vor einem Paradox: Während die Kosten für Baumaterial und Personal steigen, sinken gleichzeitig die Preise, die Unternehmen durchsetzen können. Was hinter dieser Entwicklung steckt und warum sie für die Branche gefährlich werden könnte, zeigen aktuelle Daten zu Baukosten und Baupreisen im Jahr 2025.

Trotz steigender Kosten im Bauwesen sinken die Preise, die Bauunternehmen am Markt durchsetzen können – eine paradoxe Entwicklung, die die Branche zunehmend unter Druck setzt. Während Material- und Lohnkosten weiter anziehen, bleibt die Zahlungsbereitschaft auf Auftraggeberseite verhalten. Diese gegenläufige Bewegung sorgt für wirtschaftliche Spannungen und stellt traditionelle Kalkulationsmodelle auf den Prüfstand. Warum öffnet sich die Schere zwischen Baukosten und Baupreisen immer weiter – und was bedeutet das für Bauherren und Unternehmer?

Kostenexplosion im Bauwesen – Wo die Preise wirklich anziehen

In Österreich klettern die Baukosten weiter in die Höhe – und das in nahezu allen Sparten. Besonders im Bereich des Wohnhaus- und Siedlungsbaus zeigt der aktuelle Baukostenindex der Statistik Austria für April 2025 einen deutlichen Anstieg: Die Kosten lagen 3,3 % höher als im Vorjahresmonat. Im Vergleich zum März 2025 blieb der Index zwar stabil, doch der langfristige Trend ist eindeutig: stetige Verteuerung.

Auch im Straßenbau ziehen die Kosten leicht an. Hier verzeichnete der Index einen Zuwachs von 0,4 % im Vergleich zum April 2024. Im Monatsvergleich ist hingegen ein kleiner Rückgang von 0,1 % zu beobachten – ein seltenes Phänomen, das auf kurzfristige Preiskorrekturen bei bestimmten Materialien oder Energieträgern hindeuten könnte.

Im Brücken- und Siedlungswasserbau ergibt sich ein ähnliches Bild: Beide Bereiche zeigen ein Jahresplus von 2,3 %, begleitet von einem leichten Rückgang zum Vormonat um 0,1 % bzw. 0,2 %. Diese Zahlen verdeutlichen das Spannungsfeld, in dem sich die Bauwirtschaft aktuell bewegt: Langfristige Teuerung trifft auf temporäre Preisdellen.

Als Kostentreiber wirken vor allem steigende Materialpreise, wachsende Lohnkosten und weiterhin beeinträchtigte Lieferketten. Der Wohnbau ist davon besonders betroffen – mit spürbaren Auswirkungen auf Planungs- und Finanzierungssicherheit.

Preisrückgang trotz Teuerung – Warum Auftraggeber günstiger bauen

Während die Baukosten in Österreich weiter steigen, verläuft die Entwicklung der Baupreise in eine andere Richtung – zum Vorteil der Auftraggeber. Nach einem turbulenten Jahr 2023, in dem die Preise vor allem im Hochbau um mehr als 7 % explodierten, hat sich die Dynamik inzwischen deutlich abgeschwächt. Bereits 2024 kam es zu einer spürbaren Beruhigung am Markt: Der Preisanstieg im Hochbau lag im Gesamtjahr nur noch bei 1,6 %, im Tiefbau sogar bei bescheidenen 0,9 %.

Diese Entwicklung setzte sich auch im Jahr 2025 fort. Im ersten Quartal stiegen die Baupreise im Vergleich zum Vorjahreszeitraum insgesamt lediglich um 0,3 %. Dabei zeigt sich erneut ein deutliches Gefälle zwischen den beiden großen Bausparten: Während die Preise im Tiefbau noch um 0,7 % anzogen, betrug das Plus im Hochbau gerade einmal 0,1 %. Im Wohnhaus- und Siedlungsbau sanken die Preise sogar leicht – um 0,1 %.

Diese entgegengesetzte Entwicklung zwischen Baukosten und Baupreisen wirft grundlegende Fragen zur Preisbildung auf. Einer der Hauptgründe liegt in der gesunkenen Nachfrage. Gestiegene Zinsen, wirtschaftliche Unsicherheiten und eine restriktivere Finanzierungspolitik dämpfen den Investitionswillen vieler Bauherren. Die Folge: Unternehmen stehen unter zunehmendem Wettbewerbsdruck und müssen ihre Margen opfern, um im Markt zu bleiben.

Hinzu kommt ein methodisches Detail, das oft übersehen wird: Der Baukostenindex und der Baupreisindex sind aufgrund unterschiedlicher Erhebungsmethoden und Strukturinhalte nur bedingt vergleichbar. Während der Kostenindex reale Preisentwicklungen bei Material und Löhnen misst, spiegelt der Preisindex die tatsächlichen Marktpreise wider – inklusive strategischer Preisnachlässe, Überkapazitäten und Wettbewerbseffekte.

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