In Deutschland ist der Bau von Wohnraum nicht nur eine Herausforderung für Bauherren und Investoren, sondern auch eine finanzielle Hürde, die es zu überwinden gilt. Mit durchschnittlichen Kosten von 5.150 Euro pro Quadratmeter überschreiten die Gestehungskosten hierzulande deutlich die in anderen europäischen Ländern. Ein entscheidender Faktor, der die Baukosten in die Höhe treibt, sind die Baunebenkosten, die in Deutschland im europäischen Vergleich am höchsten sind.
Deutschland an der Spitze: Warum Baunebenkosten den Wohnungsbau verteuern
In der Bundesrepublik Deutschland stellen die Baunebenkosten einen wesentlichen Faktor dar, der die hohen Ausgaben beim Wohnungsneubau maßgeblich beeinflusst. Eine Studie des Immobiliendienstleisters CBRE hat herausgefunden, dass mit einem Quadratmeterpreis von 5.150 Euro der Wohnungsneubau in Deutschland nicht nur teurer als in vielen anderen europäischen Ländern ist, sondern dass insbesondere die Baunebenkosten hierzulande den größten Kostenanteil einnehmen. Diese zusätzlichen Ausgaben, die über den reinen Baukosten liegen, umfassen unter anderem Gebühren für Planung, Finanzierung und notwendige Gutachten.
Im europäischen Vergleich zeigt sich, dass Deutschland mit diesen Nebenkosten an der Spitze steht. Während die Gestehungskosten in Ländern wie Frankreich und Finnland mit jeweils rund 5.000 Euro pro Quadratmeter ähnlich hoch sind, fallen die Baunebenkosten in Deutschland deutlich höher aus. Besonders augenfällig wird der Unterschied im Vergleich zu Polen, wo die Gesamtkosten für den Wohnungsneubau bei lediglich 2.130 Euro pro Quadratmeter liegen, und auch zu Österreich mit 3.030 Euro sowie zu den Niederlanden mit 4.240 Euro und Schweden mit 3.710 Euro pro Quadratmeter.
Knapp ein Drittel der Wohnbaukosten in Deutschland, etwa 1.500 Euro pro Quadratmeter, gehen auf das Konto von Steuern und öffentlichen Abgaben. Diese belasten nicht nur die Bauherren und Investoren erheblich, sondern wirken sich auch unmittelbar auf die Endverbraucher aus, indem sie die Mietpreise in die Höhe treiben. Die hohen Baunebenkosten sind somit ein entscheidender Faktor, der Deutschland im europäischen Vergleich zu einem Hochkostenland im Bereich des Wohnungsbaus macht.
Ein detaillierter Blick auf Deutschlands Baunebenkosten
Im Detail betrachtet, setzt sich das hohe Niveau der Baunebenkosten in Deutschland aus verschiedenen Posten zusammen, die von Grundstückspreisen über Baukosten bis hin zu Planungs- und Finanzierungskosten reichen. Besonders hervorzuheben sind die Kosten für das eigentliche Bauwerk, die in Deutschland mit durchschnittlich 3.420 Euro pro Quadratmeter zu Buche schlagen. Einzig in Finnland liegen diese Kosten mit 3.750 Euro noch höher. Die Kosten für das Grundstück selbst belaufen sich in Deutschland im Durchschnitt auf 1.010 Euro pro Quadratmeter, was im Vergleich zu Frankreich, wo die Grundstückskosten bei 2.400 Euro liegen, relativ gering erscheint.
Doch der wahre Kostenfaktor, der Deutschland von anderen europäischen Ländern abhebt, sind die Baunebenkosten, die über die reinen Bau- und Grundstückskosten hinausgehen. Diese beinhalten Aufwendungen für Planung, Finanzierung, Gutachten und weitere Dienstleistungen, die für den Bau erforderlich sind. Mit 490 Euro pro Quadratmeter liegen diese Kosten in Deutschland höher als in jedem anderen untersuchten Land. Zum Vergleich: In den Niederlanden, dem zweitteuersten Standort in dieser Kategorie, belaufen sich die Baunebenkosten auf 420 Euro pro Quadratmeter, während sie in Polen mit nur 75 Euro pro Quadratmeter am niedrigsten sind.
Die Rolle staatlicher Abgaben im Fokus
Die Analyse der Baunebenkosten in Deutschland offenbart, dass staatliche Abgaben eine entscheidende Rolle bei der Erhöhung der Gesamtkosten für den Wohnungsbau spielen. Diese Abgaben, die einen signifikanten Anteil der Baunebenkosten ausmachen, tragen dazu bei, dass Deutschland im europäischen Vergleich als eines der teuersten Länder für den Wohnungsneubau gilt. Zu den wesentlichen staatlich verursachten Kosten gehören die Grunderwerbsteuer, die Umsatzsteuer sowie Anforderungen an die Energieeffizienz und technische Baubestimmungen, die von kommunalen Behörden auferlegt werden.
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) schätzt, dass diese staatlich verursachten Kosten in Deutschland etwa 37 Prozent der Gesamtkosten ausmachen, ein Anteil, der deutlich über dem anderer untersuchter Länder liegt. Zum Vergleich: In den Niederlanden liegen die staatlichen Kosten bei 35 Prozent, während die übrigen Länder einen Anteil von weniger als 30 Prozent aufweisen. Schweden und Frankreich befinden sich mit einer Quote von jeweils etwa 20 Prozent am unteren Ende der Skala, während Österreich mit nur sieben Prozent den geringsten Anteil aufweist.
Diese hohen staatlichen Abgaben in Deutschland wirken sich nicht nur negativ auf die Wirtschaftlichkeit von Bauvorhaben aus, sondern beeinflussen auch direkt die Endverbraucherpreise, indem sie die Mieten in die Höhe treiben. Die Tatsache, dass die Steuern den größten Teil der öffentlichen Abgaben ausmachen, zeigt, dass die öffentliche Hand auf verschiedenen Ebenen des Bau- und Verkaufsprozesses eingreift, was zu einer erheblichen finanziellen Belastung für die beteiligten Akteure führt.
Die Analyse unterstreicht die Notwendigkeit einer Überprüfung und möglichen Anpassung der steuerlichen und regulativen Rahmenbedingungen, um den Wohnungsbau in Deutschland attraktiver und kosteneffizienter zu gestalten. Eine Senkung der Steuersätze bei der Erstellung von Wohngebäuden könnte einen Weg darstellen, um die hohen Erstellungskosten zu reduzieren und damit einen positiven Effekt auf den Wohnungsmarkt zu erzielen.
ZIA: Staat ist der eigentliche Preistreiber bei den Mieten
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) betrachtet die Ergebnisse der Studie zu den Baunebenkosten in Deutschland als ein dringendes Warnsignal für politische Entscheidungsträger auf Bundes- und Landesebene. Die hohen Kosten, insbesondere die staatlichen Abgaben, werden als eine wesentliche Ursache für die steigenden Mieten und die zunehmende Herausforderung, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, identifiziert. Der ZIA-Verbandspräsident, Dr. Andreas Mattner, äußert sich kritisch zur aktuellen Situation: „Die Art von Spitzenklasse brauchen wir definitiv nicht“. Er weist darauf hin, dass durch die hohen Kosten potenzielle Investitionen im Wohnungsbau verhindert werden und fordert daher eine deutliche Kursänderung in der Politik.
Mit einem staatlichen Anteil von 37 Prozent an den Gesamtkosten wird deutlich, dass staatliche Regulierungen und Abgaben den Wohnungsbau erheblich verteuern und somit indirekt die Mieten in die Höhe treiben. Der ZIA sieht zwei wichtige Ansatzpunkte, um der angespannten Situation im Wohnungsbau entgegenzuwirken: Zum einen die Einführung einer Auszeit bei der Grunderwerbsteuer, die auch für den Bau von Mietwohnungen gelten sollte, und zum anderen die Schaffung eines attraktiven KfW-Kreditprogramms mit einem Zinssatz von maximal zwei Prozent.
Diese Maßnahmen könnten dazu beitragen, den Wohnungsbau in Deutschland wieder attraktiver zu machen, indem sie die finanzielle Last für Investoren verringern und damit indirekt auch die Entwicklung von bezahlbarem Wohnraum fördern. Der Aufruf des ZIA zielt darauf ab, die politischen Entscheidungsträger zum Handeln zu bewegen, um die derzeitige Situation zu verbessern und die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass der Wohnungsbau in Deutschland wieder an Fahrt gewinnt.