Kreislaufwirtschaft konkret: Rheinland-Pfalz startet Recycling-Offensive im Bauwesen

Rheinland-Pfalz treibt die Kreislaufwirtschaft im Bau voran: Mit einer neuen Vereinbarung setzen Politik und Bauwirtschaft auf Recycling, Rückbau und Ressourcenschutz. Was bisher nur Vision war, nimmt nun konkrete Form auf – mit Folgen für Baukosten, Klima und Materialkreisläufe.

Rohstoffe werden knapper, Deponieraum ist ein Luxusgut – und die Klimakrise duldet keinen Aufschub. Im Bauwesen, einem der ressourcenintensivsten Sektoren überhaupt, rückt daher ein Konzept verstärkt in den Fokus: die Kreislaufwirtschaft. In Rheinland-Pfalz hat sich nun eine breite Allianz aus Politik, Verwaltung und Bauwirtschaft formiert, um genau hier anzusetzen. Eine neue Vereinbarung verspricht nicht nur eine effizientere Nutzung von Baustoffen, sondern auch neue Maßstäbe für nachhaltiges Bauen.

Neues Bündnis für Kreislaufwirtschaft im Bau – Politik und Branche ziehen an einem Strang

In einer konzertierten Aktion haben sich in Rheinland-Pfalz zentrale Akteure aus Politik, Verwaltung und Bauwirtschaft zusammengefunden, um die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen gezielt voranzutreiben. Unterzeichnet wurde die neue Vereinbarung am Sitz der Landesregierung in Mainz – mit dabei: Klimaschutzministerin Katrin Eder, Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt sowie Bauministerin Doris Ahnen. Gemeinsam mit zwölf weiteren Bündnispartnern wurde das aktualisierte „Bündnis Kreislaufwirtschaft auf dem Bau“ auf den Weg gebracht.

Der Zeitpunkt ist kein Zufall. Mit der bundesweit gültigen Ersatzbaustoffverordnung, die seit 2023 in Kraft ist, wurde auch auf Landesebene die Notwendigkeit deutlich, bestehende Strategien anzupassen und zu konkretisieren. Das Ziel ist klar: Weniger Abfall, mehr Wiederverwendung und ein effektiverer Ressourceneinsatz im Bauwesen. Allein mineralische Bauabfälle machen mehr als die Hälfte des gesamten deutschen Abfallaufkommens aus – ein enormes Einsparpotenzial an Material, Energie und Emissionen.

Die neue Vereinbarung geht über symbolische Bekenntnisse hinaus. Sie verpflichtet vor allem die öffentliche Hand dazu, bei Abrissmaßnahmen auf den selektiven Rückbau zu setzen und bei Neubauten verstärkt Recyclingbaustoffe zu verwenden. Der Ansatz: Materialien, die beim Rückbau anfallen, sollen gezielt sortiert, aufbereitet und erneut genutzt werden – im Tiefbau, im Hochbau, oder als R-Beton. So entsteht ein geschlossener Materialkreislauf, der nicht nur die Umwelt schont, sondern auch die Baukosten senken kann.

Zugleich wollen die Partner künftig enger zusammenarbeiten: Durch Austauschformate, Schulungen, eine zentrale Internetplattform und gezielte Öffentlichkeitsarbeit soll das Bewusstsein für Kreislaufwirtschaft weiter gestärkt werden – nicht nur bei Architekt*innen und Planer*innen, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit.

Recycling konkret – Wie Rheinland-Pfalz Baustoffe im Kreislauf hält

Während viele Strategiepapiere im Bauwesen selten über Ankündigungen hinauskommen, setzt Rheinland-Pfalz auf greifbare Praxisbeispiele. Zahlreiche Bauprojekte im Land zeigen bereits heute, wie Kreislaufwirtschaft auf der Baustelle funktionieren kann – und welche Vorteile sie bietet.

Ein prominentes Beispiel ist der Neubau des Landesuntersuchungsamtes in Koblenz. Hier wurde bewusst auf Recycling-Beton gesetzt – ein Material, das aus aufbereitetem Bauschutt gewonnen wird und dabei die Anforderungen an Tragfähigkeit und Sicherheit problemlos erfüllt. Auch beim Wiederaufbau in Bad Neuenahr-Ahrweiler nach der Flutkatastrophe wurde gezielt auf kreislauforientiertes Bauen gesetzt: Beim Wiederverfüllen von Leitungsgräben kam sogenannter Flüssigboden zum Einsatz – ein Material, das recycelte Gesteinskörnungen enthält und sich flexibel verarbeiten lässt. Für dessen Herstellung wurde eigens eine Anlage vor Ort aufgebaut, um Transportwege und CO₂-Ausstoß zu reduzieren.

Solche Maßnahmen sind Teil einer größeren Logik: Baustellen werden nicht mehr nur als Orte des Materialverbrauchs gesehen, sondern als Glieder eines geschlossenen Stoffkreislaufs. Bauteile wie Türen, Geländer oder Fenster sollen wiederverwendet, mineralische Materialien gezielt sortenrein rückgebaut und recycelt werden. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die Planung: Bereits bei der Konzeption neuer Gebäude soll deren Rückbaubarkeit mitgedacht werden – ein Ansatz, der nicht nur ökologisch, sondern langfristig auch ökonomisch sinnvoll ist.

Auch digitale Instrumente helfen beim Umdenken: Bauteilbörsen und Bauabfallbörsen sollen künftig dabei helfen, wiederverwendbare Materialien effizienter zu vermitteln. Gleichzeitig wird in Rheinland-Pfalz ein Netzwerk von Schulungen und Informationsangeboten ausgebaut – insbesondere für Architekt*innen, Bauunternehmen und kommunale Entscheidungsträger. Das Ziel: Wissen verbreiten, Standards setzen, Prozesse beschleunigen.

Dass die Kreislaufwirtschaft nicht nur das Klima schützt, sondern auch Kosten spart, zeigt sich besonders deutlich an einem kritischen Punkt: den Deponien. Diese sind zunehmend überfüllt – neue Standorte stoßen häufig auf Widerstand, Erweiterungen sind teuer. Jedes eingesparte Kilo Bauabfall entlastet also nicht nur Umwelt und Budget, sondern auch die Logistik der Entsorgungswirtschaft.

Regeln, Kontrolle und Perspektiven – Was die neue Bauweise ermöglicht

Damit aus ambitionierten Zielen Realität wird, braucht es klare Regeln – und deren konsequente Umsetzung. Ein zentrales Element dabei ist die seit 2023 geltende Ersatzbaustoffverordnung. Sie regelt erstmals bundesweit einheitlich die Anforderungen an aufbereitete mineralische Abfälle, also an Materialien wie Betonbruch oder Ziegelreste, die als Recyclingbaustoffe erneut im Bau eingesetzt werden können.

Für Rheinland-Pfalz war die Einführung dieser Verordnung kein Neuland. Bereits zuvor hatte das Land mit der freiwilligen „Gütekontrolle Rheinland-Pfalz“ Standards für Produzenten solcher Baustoffe gesetzt. Dieses System ging nun in die neue Gesetzeslage über – mit dem Vorteil, dass viele Unternehmen im Land bereits vorbereitet waren. Dank der engen Zusammenarbeit innerhalb des Bündnisses konnte etwa der Baustoffüberwachungsverein RP, Hessen, Saarlandals eine der ersten Güteüberwachungsgemeinschaften bundesweit anerkannt werden. Damit war Rheinland-Pfalz in der Lage, rechtzeitig alle Vollzugshinweise, Handbücher und länderspezifischen Regelungen an die neue Verordnung anzupassen.

Die Qualitätsanforderungen sind dabei hoch: Neben bauphysikalischen Kriterien werden auch Schadstoffgehalte streng überwacht. Rezyklierte Baustoffe dürfen in ihrer Belastung nicht über dem Niveau konventioneller Materialien liegen. Diese doppelte Kontrolle – durch Eigen- und Fremdüberwachung – sorgt dafür, dass der Einsatz von RC-Baustoffen nicht nur ökologisch, sondern auch sicher ist.

Ein Beispiel für gelungenes Recycling mit hoher Akzeptanz ist der sogenannte R-Beton, der bereits in mehreren öffentlichen Hochbauprojekten in Rheinland-Pfalz verwendet wurde – etwa beim Polizeipräsidium Ludwigshafen. Neben Umwelt- und Kostenvorteilen reduziert der Einsatz solcher Materialien auch den Schwerlastverkehr und entlastet damit Umwelt und Gesundheit.

Gleichzeitig wird betont, dass nicht alle Materialien recycelt werden können und eine zuverlässige Versorgung mit Primärrohstoffen weiterhin wichtig bleibt – vor allem im Straßenbau, wo große Mengen an Gesteinsmaterial benötigt werden. Doch auch hier sollen Innovationen helfen, den Rohstoffeinsatz zu verringern und Bauprozesse effizienter zu gestalten. Der Grundsatz bleibt: So viel Recycling wie möglich, so wenig Primärmaterial wie nötig – und das möglichst regional und emissionsarm.

Das Fazit ist klar: Mit der Kombination aus politischem Willen, praxistauglichen Projekten und rechtlicher Absicherung hat Rheinland-Pfalz einen soliden Rahmen geschaffen, um die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen langfristig zu etablieren.

Die Bündnispartner sind:

  • Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität Rheinland-Pfalz
  • Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz
  • Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz
  • Städtetag Rheinland-Pfalz e.V.
  • Landkreistag Rheinland-Pfalz e.V.
  • Gemeinde- und Städtebund e.V.
  • Bauwirtschaft Rheinland-Pfalz e.V.
  • Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern Rheinland-Pfalz
  • Baustoffüberwachungsverein Hessen-Rheinland-Pfalz-Saarland e.V.
  • Industrieverband Steine und Erden e.V.
  • Architektenkammer Rheinland-Pfalz
  • Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz

 

Quelle: https://fm.rlp.de/service/presse/detail/eder-schmitt-ahnen-kreislaufwirtschaft-auf-dem-bau-schont-klima-und-ressourcen-1

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