Die Bundesregierung arbeitet an einer umfassenden Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie, die zirkuläre Wirtschaftsabläufe und die Wiederverwendung von Rohstoffen fördern soll. Doch ein wichtiger Baustein wird häufig übersehen: Recyclingbaustoffe. Trotz ihrer Potenziale werden sie nach wie vor als Abfall eingestuft und selten genutzt. Warum diese wertvollen Materialien auf Baustellen Mangelware bleiben und welche Änderungen notwendig sind, bleibt ein zentrales Thema in der Bauwirtschaft.
Notwendigkeit einer klaren Abfallende-Regelung für Recyclingbaustoffe
Fast ein Jahr ist vergangen, seit die Mantelverordnung in Kraft getreten ist. Diese Verordnung fasst verschiedene Regelwerke, darunter die Gewerbeabfallverordnung und die Ersatzbaustoffverordnung, zusammen. Ziel ist es, bundesweit einheitliche Vorgaben zu schaffen und diese mit Blick auf verschiedene Regelwerke umzusetzen. Für die Bauwirtschaft war die Ersatzbaustoffverordnung besonders wichtig, da sie die Nutzung von Recyclingbaustoffen regelt.
Trotz dieser Bemühungen bleiben Recyclingbaustoffe auf Baustellen Mangelware. Materialien, die nach Sanierungen oder Abbrucharbeiten aufbereitet und wiederverwendet werden könnten, landen oft auf Deponien. Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) nennt zwei Hauptgründe dafür: den hohen bürokratischen Aufwand und den Abfallstatus der Recyclingbaustoffe. Dieser Status schreckt Bauherren ab, sei es im öffentlichen oder privaten Bereich.
Recyclingbaustoffe behalten auch nach einer Beprobung auf Schadstoffe und Wiederaufbereitung den Status „Abfall“. Dies ist ein großes Hindernis für deren Nutzung. Der ZDB hat bereits während der Novellierung der Ersatzbaustoffverordnung gefordert, dieses Manko zu beheben. Ziel ist es, Recyclingbaustoffe als gleichwertige Materialien anzuerkennen, um Abfall zu vermeiden und Ressourcen zu schonen. Wenn diese Materialien als qualitativ gleichrangig eingestuft würden, könnten sie auch in öffentlichen Ausschreibungen häufiger zum Einsatz kommen. Eine klare Abfallende-Regelung wäre daher ein entscheidender Schritt, um den Einsatz von Recyclingbaustoffen zu fördern.
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Effizienter Einsatz von Rückbaumaterialien im Bauwesen
Aktuell sieht der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) eine neue Chance, dass Recyclingbaustoffe zumindest in einigen Bereichen den „Abfall“-Status verlieren und als normale Produkte anerkannt werden. Die Bundesregierung und das Bundesumweltministerium arbeiten an einer neuen Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS), die dieses Thema aufgreifen könnte. Laut Katrin Mees, Abteilungsleiterin Nachhaltiges Bauen und Umwelt beim ZDB, enthalten die Entwürfe zur NKWS Hinweise und den Willen, das Abfallende für Ersatzbaustoffe zu definieren. Allerdings betrifft dies bisher nur sechs Materialklassen der Ersatzbaustoffverordnung (EBV), die insgesamt 35 Materialklassen definiert. Ohne eine Erweiterung auf alle Materialklassen bleibt der Markt für viele dieser Materialien verschlossen, da kein Auftraggeber die Verantwortung für den Einbau von Abfall übernehmen möchte.
Ohne eine umfassende Regelung für alle Materialklassen wandern weiterhin große Abfallströme aus dem Baugewerbe auf Deponien. Dabei sind viele dieser Materialien unbedenklich für Mensch und Umwelt und eignen sich für verschiedene Bauweisen. Besonders im Straßenbau könnten mineralische Baustoffe, die bereits einmal genutzt wurden, beispielsweise für den Unterbau erneut eingesetzt werden. Derzeit können nur etwa 13 Prozent des jährlichen Bedarfs an Gesteinskörnungen im Bauwesen aus dem Rückbau von Gebäuden und Infrastruktur gedeckt werden. Strengere Materialwerte der EBV lenken zudem einen weiteren Teil dieser Stoffe auf die Deponie. Daher ist es umso wichtiger, das vorhandene Rückbaumaterial effizient und sicher zu nutzen.
Bis Anfang Juli konnten Verbände Stellungnahmen zur NKWS abgeben, die das Bundesumweltministerium derzeit auswertet. Geplant ist, dass das Bundeskabinett die Kreislaufwirtschaftsstrategie noch in diesem Jahr verabschiedet. Die Bauwirtschaft hofft, dass die Regelungen zum Abfallende bzw. dem Produktstatus der Recyclingbaustoffe überarbeitet und ausgeweitet werden, damit sie besser in der Praxis umgesetzt werden können als die bisherigen Vorgaben der Mantelverordnung.
Mantelverordnung: Ein drohendes Desaster für Umwelt und Wirtschaft?
Die Mantelverordnung droht, das Gegenteil von dem zu bewirken, was sie zu erreichen versucht. Analysen offenbaren, wie eine gut gemeinte Regelung unerwartet die Umwelt belasten und die Bauwirtschaft schwächen könnte. Einblicke in die Debatte und mögliche Lösungsansätze bieten neue Perspektiven.
Rechtliche Unsicherheiten und bürokratische Hürden bei Recyclingbaustoffen
Ein Jahr nach dem Inkrafttreten der Mantelverordnung zeigt sich in der Praxis, dass trotz der bundeseinheitlichen Zielsetzung erhebliche Probleme bestehen. Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) berichtet, dass die Verordnung in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich ausgelegt und umgesetzt wird. Diese Unterschiede führen zu rechtlichen Unsicherheiten und einem regulatorischen Flickenteppich, der die Nutzung von Recyclingbaustoffen weiter erschwert.
Katrin Mees, Abteilungsleiterin Nachhaltiges Bauen und Umwelt beim ZDB, betont, dass zusätzlich ein „neues Bürokratiemonster“ entstanden sei. Die neuen Anforderungen an Probenahme und Analyse von Materialien sind sehr aufwendig, zeitintensiv und teuer. Jeder Schritt muss dokumentiert und die Unterlagen fünf Jahre lang aufbewahrt werden. Diese bürokratischen Hürden erhöhen die Kosten und den Aufwand für die Nutzung von Recyclingbaustoffen erheblich, was viele Bauunternehmen abschreckt.
Ein weiteres Problem ist, dass die neuen Regelungen nicht überall gleichermaßen durchgesetzt werden. Dies führt dazu, dass Bauunternehmen in einigen Bundesländern strenger kontrolliert werden als in anderen, was zu einer ungleichen Wettbewerbslandschaft führt. Die Bau- und Entsorgungswirtschaft fordert daher, dass die Verordnung bundeseinheitlich und praxistauglich umgesetzt wird, um eine faire und effiziente Nutzung von Recyclingbaustoffen zu gewährleisten.