Klartext statt Konferenzfloskeln: Beim 11. bvse-Mineraliktag in Ingolstadt wurde deutlich, dass die Branche nicht länger auf politische Entscheidungen warten will. Zwei Tage lang diskutierten rund 270 Fachleute über die drängendsten Probleme im Baustoffrecycling – und forderten mit Nachdruck eine überfällige Reform der Ersatzbaustoffverordnung. Hinter den Kulissen wächst der Frust: Zu viel Bürokratie, unklare Vorgaben und praxisferne Regelungen bremsen die Kreislaufwirtschaft aus. Jetzt liegt der Ball bei der Politik – und die Erwartungen sind klarer denn je.

EBV-Novelle 2025: 6 Reformschritte, die die Branche jetzt fordert
Die Branche hat geliefert – jetzt ist die Politik am Zug. Sechs zentrale Punkte zeigen, wie eine praxisgerechte EBV-Novelle 2025 aussehen muss, damit Recyclingprojekte nicht weiter blockiert werden. Was konkret gefordert wird.
Eignungsnachweise auf dem Prüfstand – realitätsnahe Verfahren gefordert
Ein zentraler Kritikpunkt, der sich durch viele Diskussionen beim 11. bvse-Mineraliktag zog, war der Eignungsnachweis für Recycling-Baustoffe. Die Branche sieht in den aktuell vorgeschriebenen Verfahren ein massives Hindernis für eine wirtschaftliche und praxistaugliche Umsetzung der Ersatzbaustoffverordnung (EBV). Insbesondere der bislang geforderte Säulenversuch gilt als teuer, zeitaufwendig und nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen fordern Vertreter aus Wirtschaft und Verbänden die Anerkennung alternativer Prüfmethoden, allen voran den Säulenkurztest, ergänzt durch praxisnahe Verfahren wie den Schüttelversuch. Ziel sei es, aussagekräftige, aber zugleich wirtschaftlich vertretbare Prüfmethoden zu etablieren, so der Tenor auf dem Forum.
Auch die Auswahl der zu prüfenden Parameter steht in der Kritik. Statt eines umfassenden Prüfkatalogs mit zahlreichen, teils irrelevanten Schadstoffwerten, plädiert die Branche für eine Konzentration auf wirklich relevante Schadstoffparameter. Denn gerade die Überregulierung sorge für unnötige Verzögerungen und erhöhte Kosten – ohne dabei die Umweltwirkung messbar zu verbessern. Das Fazit aus den Diskussionen: Der Eignungsnachweis muss reformiert und an die reale Baupraxis angepasst werden, damit die EBV nicht weiter an der Realität vorbeigeht.
Dokumentationspflichten und Anzeigeverfahren – weniger Bürokratie, mehr Verbindlichkeit
Neben den Eignungsnachweisen sorgten vor allem die Anzeige- und Dokumentationspflichten der EBV für Diskussion. Die Branche fordert hier dringend mehr Pragmatismus und Rechtssicherheit. Ein zentrales Anliegen: Statt wie bisher mehrere Prüfungen vorlegen zu müssen, soll künftig ein einziger Eignungsnachweis für alle Materialklassen ausreichen. Das würde nicht nur Verwaltungsaufwand reduzieren, sondern auch Planungsprozesse auf den Baustellen erheblich beschleunigen. Ebenso wurde vorgeschlagen, die Voranzeigefrist auf acht Tage zu verkürzen – ein Zeitraum, der sowohl für Behörden als auch für Unternehmen praktikabel sei.
Doch auch bei der Abschlussanzeige wird mehr Verbindlichkeit gefordert. Wer sie nicht einreicht, soll sich künftig einer Ordnungswidrigkeit schuldig machen. Ohne diese Rückmeldung werde das System unglaubwürdig, so bvse-Geschäftsführer Stefan Schmidmeyer. Weitere Schwachstellen betreffen den Standortwechsel bei mobiler Aufbereitung, der derzeit oft nicht angezeigt wird, sowie die Aufbewahrungspflichten. Hier wünscht sich die Branche einen Wegfall der „ewigen“ Archivierung bis zum Wiederausbau. Auch das verpflichtende Deckblatt bei Kleinbaustellen unter 250 m³ soll abgeschafft werden. Zusätzlich fordern die Akteure einen verlässlichen Zugang zu bestehenden Standortdaten, insbesondere zu Grundwasserabständen, die oft aus Angst vor Haftung von Behörden zurückgehalten werden. Das Resultat: Unsicherheit und Verzögerungen – Risiken, die in einem modernen Genehmigungsprozess keinen Platz mehr haben sollten.

Ersatzbaustoffverordnung (EBV): Aufruf zu effizienteren Testmethoden
Ersatzbaustoffverordnung (EBV) fordert die Branche heraus: Aufruf für kosteneffiziente Prüfverfahren zur Förderung des Recyclings.
Harmonisierung der EBV – Anschluss an bestehende Rechtsvorgaben notwendig
Trotz aller Einzelmaßnahmen steht für die Branche eines fest: Die Ersatzbaustoffverordnung darf kein isoliertes Regelwerk bleiben. Vielmehr müsse sie endlich rechtsverbindlich mit angrenzenden Vorschriften harmonisiertwerden. Der Ruf nach Kohärenz wurde beim 11. bvse-Mineraliktag besonders laut. Denn solange zentrale Begriffe, Hintergrundbelastungen, Probenahmeverfahren oder Einstufungskriterien in anderen Regelwerken wie dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG), der AwSV, der LABO-Richtlinie oder der Deponieverordnung (DepV) anders definiert oder ausgelegt werden, bleibt die Praxis verunsichert – und Investitionen auf Eis gelegt.
Gerade für Planer und ausführende Unternehmen sind uneinheitliche Vorgaben ein ständiges Risiko. Fehlende Abstimmungen führen zu Rechtsunsicherheit, die sich direkt auf die Wirtschaftlichkeit von Projekten auswirkt. Die Forderung lautet daher: Die EBV muss in ein kohärentes rechtliches Gefüge eingebunden werden – mit klaren Schnittstellen und abgestimmten Standards. Nur so lässt sich die nötige Planungssicherheit schaffen, die der Baustoffrecyclingbranche erlaubt, langfristig zu denken und zu investieren. Die Diskussionen in Ingolstadt zeigten deutlich: Ohne eine solche Harmonisierung wird die EBV ihr eigentliches Ziel – die Förderung der Kreislaufwirtschaft – nicht erreichen.





