VGH bestätigt: Biblis-Bauschutt darf in Deponie Büttelborn entsorgt werden

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat entschieden: Die Deponie Büttelborn muss den Biblis-Bauschutt aufnehmen. Trotz juristischer Einwände bleibt die behördliche Anordnung bestehen. Während der ZAKB sich bestätigt sieht, wächst der Widerstand in der Region. Bürger und Politik fürchten langfristige Folgen – doch der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Der jahrelange Streit um die Entsorgung des Bauschutts aus dem Rückbau des Atomkraftwerks Biblis geht in die nächste Runde – mit einer Entscheidung, die wenig überraschend kommt. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel hat die Beschwerde gegen die Deponierung in Büttelborn zurückgewiesen. Damit bleibt es dabei: Der freigemessene Bauschutt muss dort eingelagert werden. Während der Kreis Bergstraße sich bestätigt sieht, wächst der Widerstand vor Ort. Doch was bedeutet das Urteil konkret? Welche Argumente spielten vor Gericht eine Rolle? Und wie reagieren Politik, Betreiber und Bürger?

Gericht weist Beschwerde des Deponiebetreibers ab

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel hat die Beschwerde der Südhessischen Abfallverwertungs GmbH (SAVAG) zurückgewiesen. Das Unternehmen, das die Deponie Büttelborn betreibt, hatte sich gegen die behördliche Anordnung gewehrt, den Biblis-Bauschutt aufzunehmen. Bereits das Verwaltungsgericht Darmstadt hatte entschieden, dass die Deponie den Abfall annehmen muss – nun bestätigte auch die nächsthöhere Instanz diese Entscheidung.

Das Regierungspräsidium (RP) Darmstadt hatte im Juli 2023 festgelegt, dass bis zu 3.200 Tonnen freigemessener Bauschutt aus dem Rückbau des Atomkraftwerks Biblis in Büttelborn eingelagert werden dürfen. Diese Vorgabe gilt bis Ende 2030. Die SAVAG hatte gegen diese Anordnung geklagt, doch das Verwaltungsgericht lehnte ihre Einwände ab. Auch der VGH sah keine ausreichende rechtliche Grundlage für eine Beschwerde des Betreibers. Somit ist die Entscheidung endgültig: Der Bauschutt muss angenommen werden.

Allerdings sind noch zwei weitere Klagen gegen die behördliche Anordnung anhängig, über die das Verwaltungsgericht Darmstadt erst noch entscheiden muss. Dennoch kann die Entsorgung bereits jetzt beginnen – ein Punkt, der für zusätzlichen Unmut sorgt.

Kaum Aussicht auf erfolgreiche Klagen

Trotz anhängiger Klagen gegen die behördliche Anordnung hält der VGH die Erfolgschancen für gering. Ein zentrales Argument: Dem Grundstückseigentümer der Deponie fehlt laut Gericht die Klagebefugnis, weshalb seine Klage unzulässig sei. Zudem habe die SAVAG ihre eigene Klage nicht fristgerecht begründet, was ihre Position zusätzlich schwächt.

Bereits im April 2024 hatte das Verwaltungsgericht Darmstadt entschieden, dass der Sofortvollzug der Entsorgung rechtens sei. Der Zweckverband Abfallwirtschaft Kreis Bergstraße (ZAKB) hatte diesen beantragt, um nicht jahrelang auf ein endgültiges Urteil warten zu müssen. Mehrere Beschwerden dagegen wurden vom VGH abgewiesen – ein weiterer juristischer Rückschlag für die Gegner der Einlagerung.

Strahlenbelastung im Vergleich – 10 Mikrosievert pro Jahr

Ein zentraler Streitpunkt in der Debatte um den Biblis-Bauschutt ist die Strahlenbelastung. Laut dem Regierungspräsidium Darmstadt liegt die Belastung durch die freigemessenen Abfälle bei maximal 10 Mikrosievert pro Jahr und Einzelperson – ein Wert, der laut Experten als unbedenklich gilt.

Zum Vergleich: Die natürliche durchschnittliche Strahlenbelastung in Deutschland beträgt 2.400 Mikrosievert pro Jahr. Selbst ein Flug über den Nordatlantik führt zu einer zusätzlichen Belastung von rund 100 Mikrosievert, eine Röntgenaufnahme kann zwischen 100 und 1.000 Mikrosievert ausmachen. Kritiker bleiben dennoch skeptisch und sehen gesundheitliche Risiken – eine Einschätzung, die von den zuständigen Behörden nicht geteilt wird.

Zweckverband ZAKB sieht sich bestätigt

Für den Zweckverband Abfallwirtschaft Kreis Bergstraße (ZAKB) ist das VGH-Urteil ein klarer Erfolg. „Wir haben vollumfänglich gewonnen und sehen uns in unserer Auffassung bestätigt“, erklärte ZAKB-Vorstand Matthias Schimpf.

Mit der Entscheidung sei sichergestellt, dass die freigemessenen Abfälle ordnungsgemäß entsorgt werden können – eine Aufgabe, zu der der Zweckverband gesetzlich verpflichtet sei. Nun gehe es darum, die organisatorischen Rahmenbedingungen zu klären und ein angemessenes Entgelt für die Nutzung der Deponie Büttelborn zu verhandeln.

Während der ZAKB zufrieden ist, bleibt die Lage für die Riedwerke, einen Zweckverband des Kreises Groß-Gerau, unklar. Vorstandschef Stefan Metzger kritisiert, dass durch den Sofortvollzug Fakten geschaffen würden, bevor das Hauptsacheverfahren abgeschlossen sei. Zudem sei noch nicht geklärt, wer letztlich die Kosten trägt – ein Punkt, der möglicherweise zu weiteren Auseinandersetzungen führen könnte.

Bürgerinitiative kritisiert Urteil scharf

Die Entscheidung des VGH sorgt bei der Bürgerinitiative Büttelborn 21 für große Enttäuschung. Sprecher Armin Hanus zeigte sich überrascht vom Urteil und betonte, dass er mit einem anderen Ausgang gerechnet habe. Noch deutlicher wurde BI-Unterstützer Jens Hahn: „Ich bin sehr enttäuscht, dass mit unserem Leben und unserer Gesundheit fahrlässig umgegangen wird.“

Die Initiative befürchtet negative Auswirkungen auf Umwelt, Gewerbe und Landwirtschaft in der Region. Besonders die Langzeitfolgen der Einlagerung des Biblis-Bauschutts bereiten den Kritikern Sorgen. Trotz der behördlichen Einschätzung zur geringen Strahlenbelastung bleibt das Misstrauen gegenüber der Entscheidung groß.

Während die Gegner über mögliche weitere Protestaktionen nachdenken, bleiben die Behörden bei ihrer Linie: Die Einlagerung sei sicher und gesetzeskonform. Doch ob sich der Widerstand vor Ort beruhigt, bleibt fraglich.

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Widerstand aus Politik und Verwaltung

Auch in der Kommunalpolitik stößt die Entscheidung des VGH auf Widerstand. Sowohl die Stadt Büttelborn als auch der Kreis Groß-Gerau hatten sich bereits frühzeitig gegen die Einlagerung des Biblis-Bauschutts ausgesprochen. Landrat Thomas Will (SPD) kündigte bereits im November 2022 an, alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um die Entsorgung in der Deponie Büttelborn zu verhindern.

Das Problem: Eine bundesweite Suche nach einer alternativen Deponie blieb ergebnislos. Keine der rund 200 infrage kommenden Standorte erklärte sich bereit, den Schutt aufzunehmen. Damit wurde Büttelborn verpflichtet, die Abfälle anzunehmen – sehr zum Ärger der lokalen Entscheidungsträger.

Obwohl das Urteil nun rechtskräftig ist, bleibt unklar, ob sich die politischen Akteure damit abfinden oder weiterhin versuchen, die Entscheidung zu kippen.

Welche Materialien in der Deponie Büttelborn landen

Die Deponie Büttelborn nimmt hauptsächlich mineralischen Bauschutt aus dem Rückbau des Atomkraftwerks Biblis auf. Dazu gehören vor allem Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik. Diese Materialien stammen aus dem Inneren des Kraftwerks und wurden vor der Einlagerung gereinigt, um die Strahlenwerte möglichst gering zu halten.

Der Rückbau des AKW Biblis begann 2017 und wird voraussichtlich bis in die 2030er Jahre andauern. Insgesamt fallen dabei etwa eine Million Tonnen Bauschutt an, von denen jedoch nur ein kleiner Teil auf Deponien gelagert werden muss. Der Großteil des Materials hatte keinen direkten Kontakt mit radioaktiven Stoffen und gilt daher als ungefährlich.

Trotz dieser Einschätzung bleibt die Entsorgung ein umstrittenes Thema – sowohl politisch als auch in der Bevölkerung.

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