Ein stillgelegter Industriestandort wird zur Bühne für eine echte Zeitenwende im Bauwesen: In Erlangen zeigt Siemens gemeinsam mit Volvo Construction Equipment und Metzner Recycling, wie Rückbau heute aussehen kann – vollelektrisch, ressourcenschonend und nahezu emissionsfrei.
Erstes klimaneutrales Rückbauprojekt in industriellem Maßstab
Beim Rückbau auf dem Gelände des neuen Siemens Technology Campus in Erlangen zeigt sich, wohin sich die Bauwirtschaft bewegt: weg von dieselbetriebenen Großmaschinen, hin zu vollelektrischen, emissionsarmen Lösungen. Siemens Real Estate hat gemeinsam mit Metzner Recycling und Volvo Construction Equipment den weltweit ersten klimaneutralen Rückbau im industriellen Maßstab umgesetzt – ein Projekt mit Vorzeigecharakter für die gesamte Branche.
Konkret wurde ein Gebäudekomplex mit rund 3.300 Quadratmetern Grundfläche und etwa 24.700 Kubikmetern Volumen abgetragen – vollständig elektrisch. Das Besondere: Nicht nur der Abbruch selbst erfolgte emissionsfrei, sondern auch die Logistik und das Recyclingkonzept wurden konsequent nachhaltig ausgerichtet. So entstanden rund 12.800 Tonnen mineralisches Recyclingmaterial, das direkt vor Ort im Neubau wiederverwendet wurde.
Die Wiederverwertungsquote der rückgebauten Materialien lag bei beeindruckenden 96 Prozent. Unter anderem wurden die Materialien als Unterbau für Bodenplatten oder als Zuschlagstoffe für neuen Beton eingesetzt. Sogar Doppelbodenplatten wurden vom Hersteller zurückgenommen und aufgearbeitet. Siemens verfolgt mit dem Projekt ein ehrgeiziges Ziel: Klimaneutralität bis 2030 – und der Rückbau bildet hier den ersten konsequent umgesetzten Meilenstein.

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Elektrische Baumaschinen und smarte Prozesse im Zusammenspiel
Herzstück des Projekts war der gezielte Einsatz modernster elektrischer Baumaschinen, die nicht nur Abgase, sondern auch Lärm und Vibrationen deutlich reduzierten. Zum Einsatz kamen unter anderem der Volvo ECR18 Electric Kompaktbagger, der Volvo L20 Electric Radlader sowie der Volvo EC230 Electric Raupenbagger – unterstützt von einem Husqvarna DXR Abbruchroboter. Jeder dieser Maschinen übernahm eine klar definierte Rolle im Rückbauprozess, der präzise durchgeplant und digital koordiniert wurde.
In der Anfangsphase wurden zunächst selektive Entkernungsarbeiten und die Schadstoffsanierung durchgeführt. Dabei überzeugte der ECR18 mit seiner Wendigkeit und Präzision beim Aufbrechen von Beton- und Mauerwerk. Das ausgebrochene Material wurde direkt vom L20 Electric abtransportiert, ohne Emissionen – ein Vorgang, der in konventionellen Projekten oft noch dieselbetrieben erfolgt. Für die massiven Rückbauschritte griff das Team auf den größeren EC230 Electric und den EW240 Electric MH Umschlagbagger zurück. Das gebrochene Material wurde anschließend durch einen elektrischen Kettenbrecher zerkleinert und in bereitgestellten Containern gesammelt.
Auch die Baustellenlogistik war komplett elektrifiziert. Volvo Trucks übernahmen den Abtransport des recycelten Materials, was den CO₂-Fußabdruck der gesamten Rückbauphase weiter minimierte. Unterstützt wurden die Prozesse von einem dichten Netzwerk aus Partnern – darunter Robert Aebi, Husqvarna Construction und die Erlanger Stadtwerke.
Das Ergebnis: Ein nahezu emissionsfreier Rückbauprozess, der zeigt, dass klimaneutrale Großbaustellen keine Zukunftsvision mehr sind, sondern bereits heute realisiert werden können – wenn Technik, Planung und Partner perfekt aufeinander abgestimmt sind.

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Kreislaufwirtschaft als Fundament moderner Bauvorhaben
Der Rückbau in Erlangen war nicht nur ein technisches, sondern auch ein ökologisches Vorzeigeprojekt. Im Zentrum stand die konsequente Anwendung der Kreislaufwirtschaft – ein Prinzip, das immer mehr Bauherren als strategisches Ziel begreifen. Metzner Recycling brachte seine langjährige Erfahrung ein, um bereits während des Abbruchs eine sortenreine Trennung der Materialien zu ermöglichen. So konnten wertvolle Ressourcen wie Beton, Mauerwerk und Metalle direkt auf der Baustelle separiert und wiederverwertet werden.
Das Ergebnis: Eine Rückbauquote von 96 Prozent – ein Wert, der in der Branche neue Maßstäbe setzt. Die gewonnenen Materialien wurden entweder vor Ort im Neubau wieder eingebracht oder – wie im Fall der Doppelbodenplatten – an Hersteller zurückgegeben und aufgearbeitet. Diese konsequente Zirkularität spart nicht nur CO₂, sondern reduziert auch den Bedarf an Primärrohstoffen erheblich.
Michael Metzner, Geschäftsführer von Metzner Recycling, sieht das Projekt als Wendepunkt: „Dass wir den ersten großen Schritt zur vollelektrischen und damit emissionsarmen Rückbaubaustelle geschafft haben, ist für uns und unsere Auftraggeber ein riesiger Erfolg.“ Die Baustelle diente dabei nicht nur als operativer Ort, sondern auch als Lernumfeld: Bauleiter, Maschinenführer und Planer sammelten praktische Erfahrungen mit der neuen Technologie unter realen Bedingungen.
Die Partnerschaft mit Unternehmen wie Husqvarna Construction, das mit seinem Know-how zu Abbruchrobotern und Staubmanagement beitrug, unterstreicht, dass solche Projekte nur im Zusammenspiel gelingen. Für die Branche ist klar: Der Wandel zur emissionsfreien Baustelle beginnt im Rückbau – und in Erlangen wurde dafür ein Meilenstein gesetzt.